Mama am Telefon

Musa saß auf einem wackeligen Holzstuhl in seinem kleinen Zimmer. Das Fenster vor ihm war geschlossen, die Scheibe staubig, die Vorhänge ausgeblichen. Draußen schwirrten die Geräusche der Stadt – hupende Autos, lachende Kinder, das entfernte Hämmern einer Baustelle. Aber hier drinnen war es still, bis auf das Summen des alten Festnetztelefons, das er ans Ohr drückte.

„Musa! Du hast abgenommen! Ich kann es durch den Hörer hören! Isst du überhaupt noch?“ Die Stimme seiner Mutter klang streng, aber liebevoll.

Musa lachte. „Mama, du hast ja Röntgenohren! Ich schwöre, ich esse. Nur gestern hatte ich Bohnen mit Reis!“

„Nur Bohnen und Reis? Ich wusste es! Ich komme vorbei und bringe dir was Richtiges zu essen!“

„Mama, du wohnst 300 Kilometer entfernt!“

„Und? Hast du vergessen, dass ich schneller bin als der Wind, wenn mein Sohn verhungert?“

Musa lachte so laut, dass der Stuhl unter ihm knarrte. „Mama, du bist die Beste.“

„Das weiß ich doch, mein Sohn. Und jetzt hör zu: Mach dein Fenster auf! Ein bisschen Luft kann nicht schaden.“

Er schaute das staubige Glas an und grinste. „Weißt du was, Mama? Ich glaube, das Fenster ist inzwischen mit dem Dreck verwachsen.“

Seine Mutter seufzte theatralisch. „Dann schick mir ein Foto davon. Ich will sehen, ob du übertreibst.“

„Mama, ich habe kein Smartphone, nur dieses alte Telefon hier.“

„Dann mal es auf Papier und schick es per Taube.“

Musa schüttelte lachend den Kopf. Er liebte diese Telefonate. Die Verbindung knackste leicht, aber die Stimme seiner Mutter klang wie ein warmes Zuhause.

Draußen heulte der Wind, aber drinnen war es warm – nicht wegen des Fensters, sondern wegen der Worte seiner Mutter.